Anmerkungen und Literatur zum Thema Rechenschwäche/Dyskalkulie

Anmerkung 0
Stolperstein(e)
Viele Kinder machen unbewusst eine Reihe von Fehlern aufgrund nicht richtig verstandener Regeln. Diese verkehrten mathematischen Vorstellungen sind die Stolpersteine auf dem Lernweg.
Bereits Ganser/Schindler/Schüller bezeichnen in ihrem Buch »Rechenschwäche überwinden« (Auer 2007, S. 5) die Schwachstellen der Kinder beim Rechnen als »Stolpersteine«.

Anmerkung 1
Die Beispielaufgaben wurden zum Teil übernommen aus:
»Kopf und Zahl«, Journal des Vereins für Lerntherapie und Dyskalkulie e.V. in Zusammenarbeit mit dem Mathematischen Institut zur Behandlung der Rechenschwäche, München
www.rechenschwaeche.de
München 1/2003, S.2 bzw. München 2/2004, S.2


Anmerkung 2
Legasthenie und Dyskalkulie werden stets in Relation zur Intelligenz betrachtet. Beide sollen bei »normaler« Intelligenz des Kindes auftreten. Nun ist der Begriff Intelligenz und vor allem seine Messung auch in der Wissenschaft umstritten. Wenn aber die Intelligenzmessung keinen eindeutigen Bezugspunkt liefert, bleibt die Diagnose und Zuschreibung fragwürdig. Deshalb darf man meiner Ansicht nach Kindern nicht einfach ein solches Etikett »Dyskalkulie« anhängen.
Damit ist nicht gesagt, dass diese Kinder nicht im Rechenunterricht auffällig sind, viele Operationen nicht beherrschen und massive Rechenstörungen zeigen. Durch gezieltes Training (besser noch durch Prävention) lassen sich aber in den allermeisten Fällen diese Störungen verringern oder sogar beseitigen.


Anmerkung 3
Kornmann, R.
»Braucht eine humane Schule die Diagnose Teilleistungsschwäche?«
1996, S. 7 – 10
­Herr Kornmann ist Professor an der Hochschule Heidelberg, lehrt im Fachbereich Lernbehindertenpädagogik und ist auch zuständig für die entsprechende Diagnostik.
Wörtlich sagt er: »So ist mir kein einziger Fall einer diagnostizierten Teilleistungsschwäche bekannt, bei der die Unterrichtsqualität abgeklärt wurde, und ich kenne auch keinen einzigen Fall einer Teilleistungsschwäche, die im Rahmen eines Unterrichts aufgetreten wäre, der den Qualitätsmerkmalen der genannten Vermittlungskonzepte genügte.«


Anmerkung 4
Der von mir verwendete standardisierte Test ist der HRT 1-4, der Heidelberger Rechentest. Eine ausführliche Besprechung seiner Eignung finden Sie in »Kopf und Zahl«, München 4/2005, S.1/6/7. Er dient lediglich dazu, Vergleichswerte zu den gleichaltrigen Mitschülern zu erhalten, um die Entwicklungsverzögerung in Mathematik genauer bestimmen zu können. Für eine Diagnose »Dyskalkulie« reicht er NICHT.
Das Ergebnis ist für mich ein zusätzlicher Ausgangswert. Später können durch Wiederholungen des Tests ggf. Fortschritte aufgezeigt werden.


Anmerkung 5
Kaufmann u. a. erklären »maßgeschneidert«:
Nur dann ist ein Förderprogramm am effektivsten und ökonomischsten, wenn es genau auf die Bedürfnisse des Kindes zugeschnitten ist. Im englischsprachigen Raum spricht man von »tailored intervention«.
Vgl. Kaufmann, Liane / Handl, Liane / Delazer, Margarete,
»Wie Kinder rechnen lernen und was ihnen dabei hilft – eine kognitiv-neuropsychologische Perspektive«,
in: Michael von Aster/Jens Holger Lorenz (Hg.),
»Rechenstörungen bei Kindern – Neurowissenschaft, Psychologie, Pädagogik«
Göttingen 2005, S. 184.


Anmerkung 6
Denkmodell von Dahaene
Früher konnte man dem Gehirn beim Rechnen nicht zusehen, man war auf die Beobachtungen von Menschen beschränkt, die durch einen Unfall oder einen Hirninfarkt Ausfälle im mathematischen Denken erlitten hatten (sogenannte Läsionsstudien).
Vor mehr als 10 Jahren hat Dahaene sein »Triple-Code-Modell« entwickelt: Zahlenbezogene Aufgaben werden seiner Meinung nach in einem verbal-sprachlichen Modul (Zahlwörter), einem visuell-arabischen Modul (arabische Ziffern) und einem dritten Modul, das die Zahlen auf einem Ort der inneren Zahlenlinie abbildet, bearbeitet.
Für die Arbeit mit rechengestörten Kindern lässt sich daraus folgern, dass diese drei wichtigen Systeme: ein bildlich-räumliches und ein sprachliches Zahlensystem aufgebaut werden müssen. Hinzu kommt die solide Grundlegung, der Ausbau und die ständige Erweiterung eines inneren mentalen Zahlenstrahls (von Natur aus ist er bereits angelegt, bedarf aber eines ausgiebigen Trainings).
Heute hat man mit den bildgebenden Verfahren (der Medizin und Neurowissenschaft) PET, fMRI und EEG / MEG, mit denen man quasi dem Gehirn beim Denken zusehen kann, das Modell von Dahaene in wesentlichen Teilen bestätigt.
Vgl. Kucian, Karin / von Aster, Michael,
»Dem Gehirn beim Rechnen zuschauen«,
in: Michael von Aster/Jens Holger Lorenz (Hg.),
»Rechenstörungen bei Kindern – Neurowissenschaft, Psychologie, Pädagogik«
Göttingen 2005, S. 58 f.


Anmerkung 7
Automatisierungstraining
In der Vergangenheit hat sich mein Automatisierungstraining nach Krüll bestens bewährt. Inhalte, von denen das Kind ein gewisses Verständnis bereits besitzt, müssen in Aufgabenform innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gelöst werden (als gezielter schneller Abruf arithmetischer Fakten). Dabei wird der Ehrgeiz geweckt und bewusst eine leichte Stresssituation erzeugt. Dies gilt sowohl für das schnelle Kopfrechnen als auch das Blitzrechnen. Blockaden und negative Gefühle der Mathematik gegenüber können so langsam abgebaut werden. Besonders effektiv ist die Automatisierung für die Denkentwicklung, da im Arbeitsspeicher des Gedächtnisses neue Kapazitäten für neu zu lernende Zahlbeziehungen frei werden.
Hinzu kommt die ständige Fehlerkontrolle und –analyse, so dass das Training im Anspruchsniveau angepasst werden kann.
Vgl. Kaufmann, Liane / Handl, Liane / Delazer, Margarete,
»Wie Kinder rechnen lernen und was ihnen dabei hilft – eine kognitiv-neuropsychologische Perspektive«,
in: Michael von Aster/Jens Holger Lorenz (Hg.),
»Rechenstörungen bei Kindern – Neurowissenschaft, Psychologie, Pädagogik«
Göttingen 2005, S. 187/188
und Krüll, E. (1996):
»Rechenschwäche – was nun?”
München


Anmerkung 8
Material
Ein Veranschaulichungsmittel kann nicht von sich aus »falsche« Rechengedanken oder –operationen verhindern und richtige garantieren. Auch das beste Material kann die »eigenen unlogischen« Gedanken eines Kindes stützen bzw. sogar vertiefen.
Material und Denkweise des Kindes müssen zueinander passen, das kann nur der Therapeut überprüfen und feststellen. Denn das Kind soll ja etwas begreifen, etwas durchschauen, etwas durch eigenes Hantieren sich erarbeiten und geistig durchdringen. Deshalb werden in der Villa Stolperstein aus einer Vielzahl von Möglichkeiten genau die Erarbeitungsmaterialien ausgewählt, welche optimal die individuelle Neustrukturierung des mathematischen Denkens unterstützen.


Anmerkung 9
Training
Das Gehirn besitzt die Fähigkeit, neue Gedächtnisinhalte aufzunehmen (Lernen) und sie wieder abzurufen (Erinnern). Die neurobiologische Grundlage bilden lernfähige plastische Synapsen (das sind Kontaktstellen zwischen Nervenzellen). Sie können sich unter bestimmten Bedingungen längerfristig verändern. Z. B. kann sich durch Training die Fläche des synaptischen Kontakts erhöhen, indem sich die Kontaktfläche vergrößert oder sich eine häufig verwendete Synapse verdoppelt. Neuronale Verbindungen sind somit nicht starr und invariabel, sondern können sich aufgrund von Lernprozessen ändern.
Konkret heißt das für die Therapie der Rechenstörung: Durch ständiges intensives Training – Rechnen lernt man nur durch Rechnen – kann die Effizienz des Lernens und Erinnerns in Mathematik deutlich gesteigert werden.
Vgl. Kucian, Karin / von Aster, Michael,
»Dem Gehirn beim Rechnen zuschauen«,
in: Michael von Aster/Jens Holger Lorenz (Hg.),
»Rechenstörungen bei Kindern – Neurowissenschaft, Psychologie, Pädagogik«
Göttingen 2005, S. 60 ff.


Anmerkung 10
Rechenstörung contra Rechenschwäche
In deutschsprachigen Werken sind für das Phänomen des Nicht-Rechen-Könnens überwiegend die Begriffe Dyskalkulie, Rechenschwäche, Arithmasthenie, Rechenstörungen und Rechenschwierigkeiten zu finden. Manchmal werden diese sogar gleich gesetzt und nicht unterschieden.
Wenn ein Kind »schwach« ist, dann erhält es eine Eigenschaft zugeschrieben. Es wird also eine »Schwäche« des Kindes (!) benannt. Die Ursachen der Probleme beim Rechnen liegen aufgrund meiner Erfahrungen aber in der Regel nicht beim Kind. Deshalb benutze ich lieber die neutralen Begriffe: Rechenstörung oder Rechenschwierigkeit. Diese kann man an den gemachten Fehlern erkennen und mit passgenauem Training beseitigen.
Vgl. hierzu: Wehrmann, Michael:
»Qualitative Diagnostik von Rechenschwierigkeiten«,
Berlin 2003, S. 71/72

Um den Regeln der Suchmaschinen (und den Suchgewohnheiten der Betroffenen) zu entsprechen, benutze ich auf dieser Website (leider) auch das Schlüsselwort »Rechenschwäche«.


Anmerkung 12
Kopf- und Blitzrechnen
Tägliches Kopfrechnen in einer vorgegebenen Zeiteinheit, tägliches Blitzrechnen mit zeitlicher PC-Überwachung sind feste Trainingsbestandteile der Therapie im Konzept der Villa Stolperstein.
Vgl. »Blitzrechnen«, Das innovative Kopfrechenprogramm von
»mathe 2000«

hrsg. von Wittmann und Müller,
Klett-Verlag, 2000


Anmerkung 13
Lernstandsdiagnose / Rechenfehler / Fehleranalyse
Sämtliche Rechenfehler des Kindes werden mittels einer diagnostischen Erhebung einer ausführlichen Fehleranalyse unterzogen. Genau diese Fehler geben nämlich in ihrer Gesamtheit Aufschluss über den ver-rückten! mathematischen Denkprozess des Kindes. – Ein standardisierter Test wird durchgeführt. – In einem Gespräch wird zusätzlich die falsch angelegte Logik erfragt und erfasst. – Die Fehleranalyse, der Test und das Gespräch führen zu einer individuellen Therapieplanung.


Anmerkung 14
Therapieplan / Förderplan
Auf der Basis der Lernstandsdiagnose wird ein maßgeschneiderter Therapie- und Förderplan entwickelt. Unter besonderer Berücksichtigung der Fehleranalyse werden die ersten Schritte zum Training schriftlich fixiert und praktisch durchgeführt. Die Ergebnisse der Rechenaufgaben werden permanent überprüft und die folgenden Schritte den erzielten kleinen oder großen Erfolgen angepasst.


Kind beim Rechnen

Logo, lerntherapeutische Praxis für Rechnstörungen

Villa Stolperstein
Lerntherapeutische Praxis
für Rechenstörungen
Bad-Dübener-Straße 9a
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Der Stolperstein
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